Aufklärung vom Prof statt Porno

(Weiter-)Bildung mit Herz und Expertise

Partizipative Forschung, Wissenstransfer & Evaluation

Psychologische Konzepte & Selbsterfahrung für kompetente Lehrkräfte

Zeitgemäße Bildung ohne Tabu, für selbstbewusste Jugendliche

 

Sexualkunde und Sexuelle Bildung

Was bedeutet Sexualkunde? 

Sexualkunde, Sexualerziehung, Sexualunterricht, sexuelle Aufklärung – das alles sind Begriffe, die heute unter dem Begriff der “Sexuellen Bildung” zusammengefasst werden. Für viele werden die Begriffe im alltäglichen Sprachgebrauch synonym verwendet. 

Was ist Sexualkunde? Steht Sexualkunde im Lehrplan?

Bereits 1968 beschloss das Kultusministerium, dass sexuelle Bildung im Lehrplan und damit in den Schulen integriert werden soll. Bis heute herrschen allerdings etliche Kontroversen zu Inhalten und Vermittlungspraxis. Das betrifft sowohl den Ort der Vermittlung (wo und von wem), als auch die Didaktik (wie) und die Zielgruppe (wann und wer).

Im Mittelpunkt steht dabei aus allen Perspektive das Wohl der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden. Ursprünglich war die sexuelle Aufklärung in der Schule im Biologieunterricht und in Grundschulen im Sachunterricht angesiedelt. Heute soll sexuelle Bildung fächerübergreifend unterrichtet werden.

Wie geht Sexualkunde? Wie kann ich den Unterricht gestalten? 

Sexuelle Bildung wird fächerübergreifend gedacht. Inhaltlich geht sie damit über die allgemeine Biologie, wie man sie in der Schule lernt, hinaus. Inhalte sexueller Bildung sind somit nicht nur das Wissen über anatomische Kenntnisse und die Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten und Schwangerschaftsverhütung. Angestrebt wird stattdessen ein ganzheitliches Verständnis für die emotionalen, sozialen und ethischen Aspekte der Sexualität über die Lebensspanne des Individuums.

Was lernt man in Sexualkunde? Sexuelle Bildung kann die folgenden Themenbereiche beinhalten:

  • Anatomische und physiologische Informationen: Verständnis der anatomischen Strukturen, Fortpflanzungssysteme und physiologische Prozesse im Zusammenhang mit Sexualität.
  • Biologische Aspekte: Informationen über Fortpflanzung, biologisches Geschlecht und sexuelle Orientierung.
  • Psychologische Aspekte: Sexuelle Orientierung, sexuelle Identität, soziale Rollen, Bedeutung von Sexualität für Entwicklung und die Lebensspanne.
  • Emotionale und soziale Dimensionen: Förderung des Verständnisses für emotionale Bedürfnisse, 
  • zwischenmenschliche Beziehungen, Kommunikation und Konsens.
  • Analytische/ Tiefenpsychologische Perspektiven zur Bedeutung von Sexualität und Beziehung über die Lebensspanne.
  • Sexualität und Gesellschaft: Sensibilisierung für (inter-)kulturelle, gesellschaftliche und rechtliche Aspekte der Sexualität, einschließlich sexueller Rechte und Verantwortlichkeiten. 
  • Medien: Medienkompetenz in Bezug auf Sicherheit und Wohlbefinden, sowie rechtliche Bedingungen in Bezug auf Social-Media, Online-Dating und Pornografie.
  • Prävention und Schutz: Aufklärung über sexuell übertragbare Infektionen (STIs), Schwangerschaftsverhütung und Schutz vor sexuellem Missbrauch.
  • Respekt und Einverständnis: Betonung des Respekts für die Einzigartigkeit und Vielfalt von Individuen sowie die Bedeutung von einvernehmlichen und respektvollen sexuellen Beziehungen.
  • Lebenspraktische Kompetenzen: Förderung der Entwicklung von Fähigkeiten wie Entscheidungsfindung und Konfliktlösung im Zusammenhang mit sexuellen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Dies kann Beziehungs- und Trennungskompetenz und kommunikative Fähigkeiten beinhalten.
  • Körperwissen und Embodiment. Dies kann psychoedukativ und praktisch (z.B. mit Meditationen, Traumreisen, Bewegungsübungen) eingebunden werden.

Was sind die Ziele von Sexueller Bildung bzw. sexueller Aufklärung?

Eine umfassende sexuelle Bildung zielt zum Beispiel darauf ab, Jugendlichen und Erwachsenen die Werkzeuge zu geben, die sie benötigen, um informierte Entscheidungen im Bereich der Sexualität zu treffen und ihre eigene sexuelle Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern. Eine solche Bildung sollte im Idealfall altersgerecht, geschlechts- und kultursensibel sowie frei von Vorurteilen sein. Genau darin bestehen allerdings viele Herausforderungen, eigentlich ist es sogar unmöglich alles abzudecken. Es kann aber eine zielführende Vision sein.

Was sind die Probleme im Sexualkundeunterricht?

Beispielsweise ist niemand frei von Vorurteilen, alle bringen eigene Erfahrungen und eine individuelle Haltung mit und keine davon ist endgültig richtig oder gesichert. Soziale und kulturelle Settings unterscheiden sich und von der Allgemeinheit als gängig empfundene Regeln verfehlen immer wieder einzelne Situationen und Individuen. Konsequenterweise, funktioniert sexuelle Bildung nur über umfassende Kompetenz, um dann flexibel handlungsfähig zu sein, denn die Umstände ändern sich stetig. 

Herausforderungen sexueller Bildung 

Sexuelle Bildung erstreckt sich über ein Spektrum zwischen Konservatismus, über liberal-moderate Positionen bis hin zu (neo-)emanzipatorischen Perspektiven – zwischen diesen Polen differenzieren sich zahlreiche und nicht trennscharfe Haltungen. JedePosition ist gut begründet und alle argumentieren für Gesundheit und den Schutz von Kindern und Jugendlichen, sowie allen Menschen über die Lebensspanne. Obwohl die Positionen kontrovers argumentiert sind, decken sich zumeist die Werte und Ziele. Die jeweiligen Strategien einzelner Positionen zur Zielerreichung unterscheiden sich allerdings gravierend und darin liegt die Herausforderung

Konservative Perspektiven fordern (auf dem äußersten Spektrum), dass sexuelle Aufklärung zurück in die Kernfamilie und das Heim verlagert werden soll. Sie sehen also keinen öffentlichen Auftrag für Schule, Institutionen und Gesellschaft. 

Moderatere Perspektivensehen denBildungsauftrag für Sexuelle Bildung in der Schule, aber streben eine sexuelle Bildung an, die sich auf Prävention und Biologie fokussiert. 

Emanzipatorische Perspektiven fordern widerum eine Aufklärung, die ganzheitlich ist und die Bedeutung von Subjekt und Gesellschaft sowie Wertediskurse berücksichtigt. Dabei spielen Diversität, Inklusion, Antidiskriminierung, sexuelle Identität, sexuelle Orientierung, Sexpositivität und damit neben physischer auch psychische Gesundheit eine Rolle. 

Neuerdings werden zudem neo-emanzipatorische Positionen lauter. Während diese nicht trennscharf von emanzipatorischen Perspektiven zu unterscheidensind, denken sie Sexpositivität und Diversität weiter und inkludieren zumeist explizite Praktiken (beispielsweise Kink und Sextoys) und stellen Vielfalt thematisch ins Zentrum. 

Welche positiven Effekte hat sexuelle Bildung? Schützt Sexualkunde? 

Grundsätzlich zeigt sich: Zugang zu Informationen und sexuelle Bildung zeigen sich nach Studienlage als förderlich für die sexuelle Gesundheit und haben zunächst keine sexualisierenden Effekte (Vertiefend zur Frühsexualisierung). Die gängige Sorge besteht beispielsweise darin, Kindern und Jugendlichen Homosexualität einzureden. Diese Sorgekann zurückgewiesen werden, denn niemand wird homosexuell, weil es im Schulbuch abgebildet wird (Vertiefend zu sexueller Orientierung).

Tatsächlich lassen sich etliche positive Effekte von sexueller Bildung aufzählen. Von sichererem Verhalten, über Konsenspraktiken, bis hin zur Steigerung von Lebenszufriedenheit zeigt sich positiver Einfluss.

Die Effekte von neo-emanzipatorischer sexueller Bildung sind allerdings bisher nicht untersucht und daher auch nicht gesichert. Fachlich wird mitunter kritisiert, dass einige neuere Paradigmen ein Genussdiktat vorschreiben,die das Sexuelle überhöhen und Kinder und Jugendliche mit ihrer Explizitheit überfrachten könnten. Es herrscht dann quasi der Druck exotisch, bunt, wild und experimentierfreudig sein zu müssen und “Normalität” gerät in die Marginalisierung. Das betrifft beispielsweise konventionelle (heteronormative) Paarformationen, aber auch sexuelle Identität und Orientierung.

Lehrkräftebildung Sexualkunde

Nur rund 10 % aller Lehrkräfte haben eine thematische Vorbildung, zumeist aus den Fächern Biologie und Sachkunde (Buchtipp: Sexuelle Bildung für das Lehramt). In der Praxis zeigt sich folglich, dass die große Mehrheit der Lehrkräfte keine Ausbildung zum Thema hat. Aber mehr noch: Auch die Lehrerinnen und Lehrer, die Wissen mitbringen, sagen aus, dass sie sich in vielen Themenbereichen unsicher fühlen. Dazu zählen die Themen rund um Social-Media, Online-Dating und Pornografie, aber auch andere psychologische und komplexe Themen, wie Vielfalt (LGBTQIA+), psychische Gesundheit und Konsens. Um dieser Herausforderung entgegenzuwirken, wurden kostenlose Dating- und Pornoführerscheine konzipiert, ein digitales Lehrformat, welches Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal in ihren Kompetenzen zur Lehre Sexueller Bildung stärkt und sie in der Vermittlung des Wissens an Jugendliche fachlich und didaktisch unterstützt (Hier gibt es gratis Material – der Porno- und Datingführerschein).

Was gehört zur Sexuellen Bildung? Welche Themen gehören zur Sexualkunde? Was fragen Jugendliche zum Thema Sex? 

Die oben genannten Themen sind auch die Themen (Social-Media, Online-Dating und Pornografie, aber auch andere psychologische und komplexe Themen, wie Vielfalt (LGBTQIA+), psychische Gesundheit und Konsens), die von Jugendlichen am meisten nachgefragt werden. Diese haben heutzutage Zugang zu vielen Informationen, über das Internet und über Personen, mit denen sie sich austauschen. Das heißt nicht, dass sie mehr wissen als ausgebildete Erwachsene, die mit Weitsicht und Kompetenz vieles wissen können, was Kinder und Jugendliche noch nicht wissen. Das bedeutet, dass die originären Fragen von Kindern und Jugendlichen zwar wichtig sind und beantwortet werden sollten, aber auch, dass Erwachsene diese erweitern können und sollen. Dies betrifft beispielsweise das Thema Fertilität (Hier gibt es gratis Material zum Thema Fertilität). Auch wenn Kinder fragen: Wie entsteht ein Kind? gilt es für Erwachsene das Thema zu erweitern. Denn das Thema spielt im Laufe des Lebens eine relevante Rolle, besonders wenn es nicht funktioniert, wie erwartet. Lehrkräfte haben dahingehend einen besseren Überblick und können Wissen über Sexualität didaktisch und altersgerecht vermitteln, wenn sie sich dem selbst gewachsen fühlen oder die nötigen didaktischen Begleitmaterialien (Hier gibt es gratis Material – der Porno- und Datingführerschein) erhalten. 

Gleichzeitig kann es aber trotzdem überfordernd wirken, mit sehr expliziten Inhalten und Provokationen konfrontiert zu werden. In der Regel liegen hinter derlei Fragen, aber wertebasierte Anliegen, denen sanktionsfrei begegnet werden sollte. 

Woher kommt der Holzpenis? Materialkoffer für den Unterricht gibt es noch, brauchen aber Updates!

Der Materialkoffer ist eine bleibende Erinnerung und tatsächlich ist er auch noch aktuell. Auch der Holzpenis oder die Banane kommen noch zum Einsatz. Und das funktioniert, aber nur zum spezifischen Ziel der Verhütung und oftmals mit einer reduzierten Auswahl an “klassischen” Verhütungsmethoden. Die Koffer enthalten in der Regel Kondome, Binden, Tampons, Schwangerschaftstest, die Pille, Broschüren mit Anlaufstellen für Beratung bei Schwangerschaft und manchmal auch eine Plastikvagina zum Holz- oder Silikonpenis. Kritische Perspektiven auf hormonelle Verhütung, moderne Alternativen zu Tampons usw. sindzumeist noch Wunschdenken. Aufklärungsmaterial und Unterrichtsmaterial sowie Arbeitsblätter sind heute leider oftmals veraltet. So hilfreich das praktische Üben vom Aufziehen eines Kondoms ist, so sehr bedarf es mehr als dem. So zeigt sich, dass die schulische Aufklärung bis heute beispielsweise die Empfehlung zur Verhütung mit der Pille ausspricht und Risiken vernachlässigt. Dahingehend zeigt sich auch, dass Schulbücher und Arbeitsblätter heteronormative, stark vereinfachte und generell veraltete Inhalte abbilden. Auf dem freien Markt gibt es einige neuere Bücher, die das Thema neu auflegen und öffentlich zugängliche Filme / Imagefilmen und Videos zur Unterstützung im Lehralltag oder zu Hause.

Wie gehen Lehrkräfte mit Sexueller Bildung um? Die Praxis der Sexuellen Bildung!

Generell zeigt sich ein Streben, die Themen möglichst richtig abzubilden. Weil das aber in einem umfassenden, vieldeutigen und komplexen Themenbereich herausfordernd ist, wird oftmals reduziert oder ausgewichen. Das bedeutet, dass die Themen dann trotzdem auf Biologie und Prävention reduziert werden, oder stark vereinfacht abgehandelt werden. Leider zeigen sich aufgrund mangelnder Kompetenzen auch manche irreführende Strategien, beispielsweise im Umgang mit Homophobie. Oftmals aus Hilflosigkeit, wird diese dann verboten (was nachvollziehbar und ethisch sicherlich richtig, aber nicht immer zielführend ist). Dabei wird übersehen, dass das auch eine Suche nach positiver Männlichkeit ist, welcher nachgekommen werden kann, was dann wiederum gegen Homophobie wirkt. Das liegt neben der fehlenden umfassenden Ausbildung auch daran, dass sich Lehrkräfte politisch riskiert und alleingelassen fühlen. 

Das gilt, obwohl der großen Mehrheit der Lehrkräfte und Menschen in sozialen Berufen das Thema am Herzen liegt und sie es gerne integrieren und gut machen würden. Viele erinnern sich, wenn es überhaupt stattgefunden hat, an die eigene Aufklärung, als unzureichend, irreführend oder “fürchterlich”. Die darin resultierenden Erfahrungen wollen Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern ersparen. 

Gibt es auch Drittanbieter für die Sexuelle Bildung und Aufklärung?

Neben dem Wissen aus dem Studium eignen sich manche, Wissen über Drittanbieter an. Darüber können meist Workshopformate absolviert werden oder die sexuelle Bildung wird darüber ausgelagert. In dem Fall kommen Drittanbieter in die Schule und übernehmen einzelne Stunden oder bieten Workshoptage an (z.B.: profamilia/ die petze). Das kann sinnvoll sein, weil die Schülerinnen und Schüler über diese externen Personen, auch persönliche Anliegen besprechen können und es seltener zu Rollenkonflikten kommt. 

Es zeigt sich allerdings auch, dass das Outsourcing nicht ausreichend ist. Die Anliegen von Schülerinnen und Schülern können im gesamten Bildungsalltag Ausdruck finden und Lehrkräfte, wie auch anderes Pädagogisches Personal sind ihre fast täglichen Bezugspersonen und Ansprechpartner. Es muss folglich gewährleistet werden, dass Pädagogisches Personal sich hinreichend kompetent fühlt, mit den Anliegen der Kinder und Jugendlichen umzugehen und auf sie einzugehen. 

Medienkompetenz: Social Media Inhalte als Bildung

Faktenwissen transportiert sich sowohl für Fachpersonen als auch Jugendliche in gewissem Maße über Social Media und Youtube – was früher die Bravo war, ist heute online verfügbar und entgrenzt. Dort suchen nicht nur Jugendliche, sondern auch Lehrpersonen und Menschen in sozialen Berufen Informationen. Beispielsweise wird einiges an Wissen entlang von einschlägigen Accounts akquiriert. Dazu zählen pop-psychologische Inhalte zu Beziehungen, Lebensweisen und individuelle Bedeutung von sexueller Identität und Orientierung. Es zeigt sich, dass die Qualität von Online-Angeboten stark schwankt, es oft keine Fachpersonen sind und spätestens durch die starke Verkürzung von Inhalten und extreme Vereinfachung, irreführende und missverständliche Inhalte vermittelt werden. 

Wann hat man Sexualkunde? In welchem Alter und in welchen Klassenstufen soll die Aufklärung unterrichtet werden? Welche Leitlinien gibt es von der BZgA zur Sexuellen Bildung?

In der Schule wird sexuelle Bildung zumeist in der 3-4 Klasse, in der 7-8 Klassen und in der Oberstufe gelehrt. Möglich ist es allerdings in allen Altersstufen. Nach BZgA und WHO gibt es dahingehend inhaltliche Vorgaben, Definitionen, Ziele und Standards für Kompetenzen, nach Altersstufen, von 0 Jahren bis zum hohen Erwachsenenalter (BZgA & WHO). Diese sind sicherlich hilfreich, allerdings auch sehr allgemein. 

Als erster inhaltlicher Grundsatz gilt, dass eine gute sexuelle Bildung die beste Prävention ist. Dabei kann man nicht zu früh anfangen, was beispielsweise die Benennung von Körperteilen sowie das Bewusstsein eigener Grenzen angeht. Derlei Inhalte können auch schon im Kindergartenalter angemessen sein. Dazu zählt unter anderem auch ein Bezug zum Körper in der Form von Lust (nicht sexueller Lust) – als Inhalte dazu, was sich schön anfühlt (Sonne auf der Haut) und der Kompetenz “nein” zu sagen, wenn etwas keine Freude bereitet, oder sich falsch anfühlt. 

In der Grundschule geht es dann inhaltlich zumeist um Fortpflanzung, organisches Faktenwissen zu Funktionen, Emotionen, Lebensweisen und Werte, die auch antidiskriminierend orientiert sind. 

Ab der weiterführenden Schule kann es auch um Rechte, soziale Rollen, Normen, Kultur, Identität, Wünsche und Verlangen gehen.

Nach BZgA und WHO sind die Themen dabei altersübergreifend kaum unterschiedlich, unterscheiden sich aber in Tiefe und Art, in der sie behandelt werden.

Zentral für eine gelingende sexuelle Bildung ist das Mitdenken der Elternschaft, deren Akzeptanz nicht nur der Vermittlung, sondern auch den Lehrpersonen zugutekommt. Viele verwenden dazu Elternbriefe, um das Thema anzukündigen. Auch hierbei ist es von Vorteil, die geteilten Werte und Ziele voranzustellen und auf das in allen Perspektiven geteilte Anliegen zu verweisen, das psychische und physische Wohl der Kinder und Jugendlichen auch im Hinblick auf Sexualität langfristig zu ermöglichen.

Lehrkräfte und Sozialarbeiterinnen und -arbeiter betonen aus Praxisperspektive immer wieder, wie uneinheitlich Bedarfe von und innerhalb von Gruppen sind. Eine gute Richtlinie kann dabei sein, individuell auf die Bedürfnisse einzugehen. In manchen Klassen und Regionen, auch abhängig von Milieu, könnenThemen früher oder später relevant sein und sollten deshalb in angemessenem Rahmen und zu passender Zeit vermittelt werden. 

Grundsätzlich gilt es, keine Themen an Kinder und Jugendliche heranzutragen, die sie nicht erfragen. Also nur so detailliert und tief antworten, wie auch gefragt wird. Sind weitere Informationen gewünscht, wird auch weiter gefragt. Das gilt der Praxis- und Technikebene. Auf Metaperspektive, emotional-, wertebasiert kann und muss in der Regel erweitert werden.  

(Früh-)Sexualisierung: Umkämpfter Begriff, der alle angeht.

Gerade der Begriff der Frühsexualisierung ist politisch aufgeladen und wird mitunter als Kampfbegriff eingesetzt. Dabei soll hier betont werden, dass Menschen von Geburt an sexuelle Wesen sind und Wissen grundsätzlich präventiv wirkt und emanzipiert. Das gilt im frühen Alter vor allem dem Körperwissen und Grenzen und nicht sexuellen Praktiken und Begriffen. 

Sexuelle Bildung hat generell positive Effekte auf sicheres Verhalten, Zufriedenheit und Prävention von Krankheiten sowie ungewollten Schwangerschaften. 

(Früh-)Sexualisierung in der Sexuellen Bildung mitzudenken, kann jede Position nur stärken und im lernenden Prozess hilfreich sein. Die Sexuelle Bildung beinhaltet immer einen Balancegang, zwischen Aufklärung, die schützt und kompetent macht und dem Aufdrängen von “too much information” bei technisierten Perspektiven auf Sexualität. Dabei darf immer die Situation mit berücksichtigt werden. Gruppen und Regionen sind unterschiedlich informiert und auch innerhalb von Gruppen sind die Bedarfe und Vorwissen verschieden– trauen Sie sich Unterschiede zu machen. Es gibt keine universelle Regel, die immer passt! 

Eine grobe Leitlinie kann sein, kein Wissen aufzudrängen, aber Fragen zu beantworten UND: vor allem auf Werte und emotionale Bedürfnisse einzugehen, auch wenn sich diese hinter plakativen oder vermeintlicher Provokation und technischen Fragen verbergen – auf der Ebene von Werten und Emotionen, findet keine Sexualisierung statt. 

Für den Unterricht gilt, dass Kinder und Jugendliche nicht beschämt und ausgeschlossen werden, auch nicht bei Provokationen. Stattdessen sollten Diskurse auf die Anliegen dahinter umgelenkt werden. Kinder und Jugendliche können dabei ihre Präkonzepte nicht selbst überwinden, es gilt, diese zwar zu sammeln und zuzulassen, aber auch horizonterweiternd zu korrigieren (als Korrektiv zu wirken– nicht alles ist wertgleich und gleichermaßen gut). Gruppenintern werden Präkonzepte in der Regel nicht erweitert, sondern verhärten sich in sozialen Rollen. 

Übungen für den Aufklärungsunterricht: Embodiment

Ein besonders wichtiger Aspekt ist dabei das Embodiment. Unter aktueller Psychologisierung und vorangetriebener Trennung von Körper und Kognition wird das Potenzial des Körpers als Verbindung zur Welt und dem Unterbewussten oft übersehen. Mit Fragen zum Körpergefühl (Wohlbefinden, Lust und Intuition) und Übungen (Meditationen, Traumreisen) kann diese Fähigkeit, den Körper mitzudenken und für seine Kommunikation zu nutzen, geübt werden. Dies ist auch präventiv in Bezug zu Stress und hilfreich für Konzentration, Leistungsfähigkeit und Resilienz.

Geschlechtertrennung in der Sexuellen Bildung. Soll ich die Klasse nach Jungs und Mädchen aufteilen?

Bei heterogenen Anliegen und einem heterogenen Stand des Vorwissens kann es in mancher Situation angebracht sein, Gruppen zu trennen. Früher und auch noch heute ist die Trennung von Geschlechtern nicht unüblich. Dies kann einen Schutzraum für persönliche Fragen darstellen und auch in Bezug auf Interkulturalität mithin wichtig sein.  

Eigentlich ist allerdings anzustreben, dass alle Schülerinnen und Schüler Zugang zu allen Informationen haben und eine Differenzierung von Geschlechtern durch asynchrones Wissen und Einblicke nicht weiter vorangetrieben wird. Auch hier zeigt sich, dass vorschnelle und vereinfachende Allround-Regeln nicht haltbar sind, es gibt jeweils Pros und Contras, die situativ abgewogen werden müssen.

Wie kann man mit Interkulturalität und muslimischer Kultur in der Sexuellen Bildung umgehen? Dürfen Muslime im Aufklärungsunterricht teilnehmen?

Interkulturalität: Sexuelle Bildung wird interkulturell sehr unterschiedlich verhandelt. Stand 2024 wird in Polen beispielsweise ein generelles Verbot diskutiert und sexuelle Bildung ist nicht in allen muslimischen Kulturen erlaubt. Die Differenz verläuft dabei weniger entlang von Religion, sondern von Konservatismus, wie sich am Beispiel Polens zeigt. Für diejenigen Kinder und Jugendliche, die zu Hause mit Tabu und ausbleibender Akzeptanz gegenüber sexueller Bildung konfrontiert und belastet sind (manche dürfen gar nicht teilnehmen), ist es wichtig, dass sie niedrigschwellig und diskret an Informationen kommen, beginnend von Hygieneartikeln für Menstruation, bis zu Informationen zu Prävention und Rechten. Auch kann mitgedacht werden, dass ein interkultureller Background, neben den dominanten Täterdiskursen, auch eine Vulnerabilität darstellen kann. 

 

Gibt es Sexuelle Bildung für den Förderkontext? Aufklärungsunterricht für Menschen mit Behinderung!

Auch in Bezug auf Förderkontexte spielt Heterogenität eine Rolle. Gerade Menschen mit Behinderung (kognitiver Lehr-, und Lernschwächen oder körperlicher Beeinträchtigung) gibt es wenig Angebote und stigmatisierende Bedrohung rund um den Themenbereich Sexualität sowie intimer Beziehung. Aber auch Menschen mit Beeinträchtigung wünschen sich Intimität, Beziehungen und Nachwuchs. Diese Gruppe ist daher radikal mitzudenken und zu inkludieren, wozu es eigene Konzepte gibt (Link auf Führerscheine und Ilos Themenseite Behinderung).

 

Was sind Dos and Don’ts in der Sexuellen Bildung? Wie vermeide ich Fehler in der Aufklärung?

Dos

  • Sie müssen nicht alle Dilemmata lösen können! Auf manche Dinge, hat auch die Forschung noch keine Antworten, stellen Sie die Probleme dann zentral und investieren Sie gemeinsam mit den Jugendlichen! 
  • Ergebnisoffene und prozessorientierte Arbeit!
  • Sie dürfen als Korrektiv wirken: Präkonzepte können Jugendliche nicht selbst überwinden, Sie erweitern Horizonte, haben Überblick und können Denkanstöße geben (Achtung: erweiternder Tenor, nicht sanktionierender Tenor)!
  • Mit Emotionen und dem Körper, sowie mit höheren Werten arbeiten “In welcher Welt möchte ich leben?” “Und wie kann ich dazu beitragen?”
  • Explorieren und Spaß haben! Das Thema lädt ein, sich nochmal auf ganz anderen Ebenen kennenzulernen.
  • Provokationen auf die Anliegen umlenken, welche den mutmaßlichen Provokationen zugrunde liegen!
  • Den anderen das beste unterstellen.

Don’ts

  • Denken, die Jugendlichen wissen schon alles, oder sogar mehr als Erwachsene!
  • Fragen als Provokation sanktionieren.
  • Sich politisch riskiert fühlen und davon in der Handlung hemmen lassen!
  • Verkürzung und entfremdende Vereinfachung der Themen aus Unsicherheit (Sexuelle Bildung ist WICHTIG)!
  • Sich auf Social-Media (als einzige Quelle) “fortbilden”
  • Sich alleine fühlen (sehr viele sind herausgefordert) 
  • Victim-Blaming, Angst, Scham, Schuld und insgesamt repressive Sexualität reproduzieren
  • Alles Neue, unhinterfragt annehmen und vorantreiben. Nicht alles Neue, ist progressiv.

Wie kann Sexualkunde aka sexuelle Bildung gelingen?

Eine Idee kann sein, Sexuelle Bildung emotionen- und wertebasiert sowie ergebnisoffen zu gestalten und verschiedene Antworten in ambivalenten, komplexen und individualisierten Bedeutungen zuzulassen. Um das möglich zu machen, gibt es bereits Formate, die eine solche Art Sexueller Bildung zulassen.

Stimmen von Schülerinnen und Schülern, Studierenden und Lehrkräften

 


Ich habe erst mit 25 und auf Youtube gelernt, dass mein Ausfluss und das Aussehen meiner Vulva nicht eklig, sondern normal sind, so viele Jahre, in denen ich mich geschämt habe, das würde ich den Mädchen so gerne ersparen.


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Für die Jungs sind Pornos als Aufklärung mitunter überfordernd, was die dort sehen können oder wollen sie nicht immer erfüllen, das ist ja keine Doku über Sex, sondern ein kulturelles Artefakt, damit muss man den Umgang erst lernen.

Ich wurde einfach gar nicht richtig aufgeklärt, es war für mich nur Trial-and-Error und nicht immer sehr glücklich.

Bei mir sieht das da unten aber ganz anders aus und bis ich auf Instagram so nen Account gefunden hatte, dachte ich ich wäre ein Freak.

Weiterbildung mit Herz und Expertise

 

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