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Interkulturalität, Migrationshintergrund und Sexuelle Bildung

Wie kann man gelungen mit Interkulturalität in der Schule umgehen? Interkulturalität im Schulalltag und in der Sexuellen Bildung gestalten.

Ist Interkulturalität ein Problem in der Schule? 

Diversität ist Teil des Schulalltags. Dazu zählen die Begegnung und Vermischungen von Kultur zwischen Regionen, aber auch Nationen und Kontinenten und zwischen Kulturen. Interkulturelle Kompetenz, Willkommenskultur, Toleranz und Akzeptanz, das alles sind phrasenhafte Schlagworte, die ständig Verwendung finden, aber praktisch wenig helfen.

Was sind Stereotype? Sind Stereotype immer negativ?

Grundlegend spielen zum Thema Migration und Interkulturalität zunächst Stereotype und Vorurteile eine Rolle. Sie beeinflussen, mit welchen Vorannahmen wir anderen und uns selbst begegnen. Diese können relativ neutral, positiv, aber auch negativ sein. Zu positiven Stereotypen mag zählen, dass Menschen aus bestimmten Teilen Asiens gut in Mathematik und Programmieren seien (das ist dann aber immer noch Rassismus, samt negativer Wirkweisen). Oder auch, dass Jungs besser rechnen können als Mädchen. Negative Stereotype mögen sein, dass Deutsche sehr genau seien und muslimische Kulturen eine repressive Perspektive auf Sexualität hätten.

Um Stereotypen zu verstehen, kann man zunächst auf identitätsbildende Prozesse und die dazugehörenden Gruppenprozesse schauen. Die Identität bildet sich unter anderem darüber aus, dass man sich zu Gruppen zunächst zuordnet und mit der Zugehörigkeit von anderen Gruppen abgrenzt. Innerhalb der Gruppen, zu denen man sich zugehörig fühlt, finden dann auch Abgrenzungsprozesse statt. Es werden Ähnlichkeiten zu einem entworfenen (imaginierten) Prototypen gebildet und individualisierende Abweichungen festgestellt. “Ich bin mit ganzem Herzen Lehrkraft, aber weniger auf Noten fokussiert, als mein Fachkollegium”. Gruppenzugehörigkeit ist vor allem dann eindeutig und merkbar, wenn man sich außerhalb des eigenen Raums bewegt. Sie sind ansonsten oft unterbewusst und spielen keine bewusste Rolle.

Deutlich wird das beispielsweise dann, wenn man im entfernten Ausland ist und einen anderen Europäer trifft; plötzlich eint die Gemeinsamkeit, obwohl es innerhalb Europas viele Differenzen gibt und sich dieselben Personen, die sich im fernen Land ähnlich fanden (zur Gruppe der Europäer), dann sogar als sehr unterschiedlich wahrnehmen können (als Österreicher ist man kein Deutscher). 

Diese Art Zoom funktioniert auch im kleineren. So mögen Österreicher einen großen kulturellen Unterschied zur Schweiz erleben, aber im Dorf sind sich zwei Nachbarn in Österreich vielleicht spinnefeind und erleben sich als grundlegend unterschiedlich in Bezug auf Werte (zum Beispiel, um welche Uhrzeit Altglas nicht zu entsorgen ist). 

Gruppenzugehörigkeit ist in Teilen angeboren und sozialisiert. In Teilen ist sie auch eine bewusste oder unbewusste Wahl und dann über die Lebensspanne fluide. Angeborene phänotypische Merkmale sind größtenteils stabil, aber ihre Wertigkeit ist kontextabhängig. Was an einem Ort stigmatisiert, validiert an einem anderen (z.B. Hautfarbe). Andere Hinweise auf Gruppenzugehörigkeit sind merkbar, aber nicht sichtbar, wie das sozialisierte Milieu und der dazugehörige Habitus. Andere Gruppen sucht man sich aus, wie den Fußballclub oder den Beruf. Die Wahl ist dabei nicht ganz frei, denn Zugänge sind nicht gleich verteilt. Doch in gewissem Rahmen sind die Zugänge flexibel (man kann den Fußballclub wechseln, nicht jeder kann in den Rotary- oder Lionclub, aber man kann diese verlassen, man kann vom Land in die Stadt ziehen usw.). 

Stereotype bilden sich zwischen Gruppen und in Bezug auf deren (vermeintliche) Merkmale und Charakteristika aus. Früher wurde angenommen, Stereotypisierung fände quasi als Energiesparmaßnahme vom Gehirn statt. Das ist heute widerlegt. Ganz gewiss haben die Annahme über einen selbst und andere aber Funktionen, zum Beispiel für das soziale Selbst. Diese Annahmen als solche sind oftmals gerichtet, also in der Regel nicht neutral. Stattdessen sollen über die Bewertungen die eigene Überlegenheit und Wertigkeit und damit eine Platzierung im sozialen Raum bestimmt werden. Dabei gibt es häufiger Aufwertungen der Eigengruppe sowie Abwertung der Gegengruppe und seltener eine Aufwertung von Gegengruppen (das erklärt sich oft durch Aufstiegsstreben oder sekundäre Gewinne, beispielsweise über Ähnlichkeiten mit der Fremdgruppe, oder über eine Fremdgruppenidentifikation). 

Der Umgang mit Interkulturalität wird oft problematisiert und in der Praxis als problematisch erlebt. Dabei eröffnet sich ein komplexes Feld, was hier nur unzureichend angerissen werden kann. Zunächst ist festzustellen, dass Diversität omnipräsent, aber nicht immer augenscheinlich ist. Oftmals ist sie unbemerkter Teil einer diversen Kultur, in der generell Raum für Unterschiedlichkeit ist. Auffällig ist sie dann, wenn Differenzen augenscheinlich, unbekannt und fremdartig oder Verhalten von Gruppen als feindselig oder als Konkurrenz um Ressourcen erlebt werden. 

Interessanterweise müssen dafür keine wertebasierten Differenzen bestehen. Es genügt, wenn sie so wahrgenommen werden. Dabei spielen auch Interpretationen eine Rolle. Was in einer Situation als hoher Wert gilt, kann in der nächsten ein Zeichen für Wertlosigkeit sein. Beispielsweise kann Familiarität als traditioneller Wert gelten, oder sie wird im negativen Sinne als sippenhaftes Verhalten abgewertet. 

Wie kann man Minderheiten verstehen? 

Individuen, die sich als Minderheit erleben, tendieren dabei zu einer Betonung von Differenz. Das hat komplexe Beweggründe, zeigt sich aber besonders dann, wenn sie den Druck verspüren, dass sie sich anderen (ungewollt?) angleichen sollen und damit das Gefühl bekommen, zum Beispiel, ihre eigene Kultur zu verleugnen oder verstecken zu müssen.

Wege aus solchen Differenzbetonungen, die weitergedacht negative und trennende Folgen zwischen Gruppen ausbilden können, sind anerkennende Begegnung und eine neugierige, fragende Haltung, die die eigene Identität mitdenkt. Wissen über die eigene Haltung, Werte und Normen, sowie die dazugehörige eigene Identifizierung und Bedeutung sind erste Schritte, die gelingende Begegnung möglich machen können. Was mag ich an meiner Kultur, inwiefern fühle ich mich zugehörig, inwiefern fühle ich mich nicht zugehörig? Worauf bin ich stolz? Worauf bin ich weniger stolz? Wie würden andere meine Kultur wahrnehmen und wie geht es mir mit anderen Kulturen? Solche Fragen zu beantworten ist mithin nicht einfach, denn viele Aspekte innerer Gefühlswelten sind sozial unerwünscht oder entsprechen nicht dem eigenen Selbstbild. Ein Beispiel dafür ist, wenn man beobachtet, was einem alles befremdlich vorkommt, sowohl in der eigenen als auch in der Begegnung mit anderen Gruppen bzw. Kulturen, oder auch wenn man sich wundert, worauf man stolz ist, obwohl es in Deutschland lange nicht als angemessen galt.

Geht Multikulti überhaupt? 

Mit reflektierter Haltung kann dann ressourcenorientierte Annäherung stattfinden, bei der mit offenem Visier und Neugier der erlebten Andersartigkeit begegnet wird. Welche Werte teilen wir? Was finde ich befremdlich, anziehend, bedrohlich, beneidenswert u.v.m.?

In konstruktivem Umfeld können sich dann auch (kommunikative) Übungen anschließen, in denen von Gruppen die Perspektive auf Welt und Wahrheitskonstrukte mit den jeweiligen Hintergründen geteilt werden. Auch bei Befremdlichem hilft es mitunter, zu verstehen, woher es kommt und wie es sich begründet.  Das bietet einen Ansatz, um die Schönheit zu verstehen oder zumindest eine Legitimität nachvollziehen zu können. 

Ziel muss dabei kein phrasenhaftes “Multikulti” oder die prinzipielle Überhöhung der anderen bei einer Abwertung des Eigenen sein. Es kann auch ein respektvolles Nebeneinander in Gleichzeitigkeit, entworfen im Modell der Koexistenz, werden.

Gibt es Probleme wegen Interkulturalität und Migration an den Schulen? 

In der Praxis zeigen sich auch Herausforderungen, die mit derlei Modellen kaum zu beantworten und schwer explizierbar sind, weil sie als Tabuthemen gelten. Beispielsweise, wenn eine oder beide Seiten radikalisiert sind und Begegnung kaum möglich ist. In pädagogischen Kontexten zeigen sich dabei mitunter Situationen, bei denen phrasenhafte Idealvorstellungen von Begegnung zynisch wirken und wenig hilfreich sind. Aber auch wenn es schwerfällt, ist ein erster Schritt, zu überlegen, welche Stereotype nun greifen und wohin gehend sie vielleicht falsch sind (zum Beispiel unzulässig verallgemeinernd). Oftmals ist die Differenzlinie weniger häufig als angenommen, Konservatismus und weniger Religion! Dahingehend aber zeigen sich wenig überraschend Zusammenhänge zwischen Konservatismus und Radikalisierung und auch zwischen Homophobie und Transphobie.

Aus reflektierter Haltung kann überlegt werden, an welchen Werten man festhalten will – welche Werte und dazugehörigen Handlungen also nicht verhandelbar sind und wie das kommuniziert werden kann. Dazu können körperliche Unversehrtheit, Jugendschutz und Gleichstellung zählen. 

Konkrete Maßnahmen zu einer möglichst vorurteilsfreien Kommunikation und Darlegung der eigenen Werte können folgende sein:

  • Aufzeigen institutioneller Wege (bei Verdacht auf Gewalt)
  • Zu Verfügung stellen von leicht zugänglichen Information, um Bildung zu vermitteln (zum Beispiel für sexuelle Bildung und Prävention, sowie Informationen zu Rechten und alternativen Perspektiven auf Sexualität und Beziehung, oder Schwangerschaftsabbrüchen)
  • Festhalten an expliziten Werten für eine vorurteilsfreie, bereichernde und zugängliche Interkulturalität
  • Wiederholen dieser Werte zum Zweck eines möglichen pädagogischen Nachhalls und der Aneignung positiver Werte zu Interkulturalität
  • Kommunikativ Respekt verschaffen (beispielsweise über Gespräche mit den Vätern, z.B. mit solchen Muslimischen, welche eine rezessive Einstellung gegenüber Sexualität haben)

Hinweis: Alle Informationen hier sind vorurteilsfrei anzusehen, z.B. hat nicht jede muslimische Familie und nicht jeder Vater, der einer muslimischen Kultur angehört, eine rezessive Einstellung gegenüber Sexualität.

Weiterführende Texte zum Thema finden Sie hier (Buchtipp “Lets talk about Sex, Habibi”).

Interkulturelle Kompetenz zum Themenbereich Sexuelle Bildung gibt es auch mit Dr. Meriam Axtmann bei Teach LOVE!

 

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